Rund 800 Teilnehmer beim Symposium Migrationsgesellschaft: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Die kontinuierlich steigende Einreisewelle nicht nur von Asylsuchenden, sondern auch von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen stellt Städte und Kommunen vor große Herausforderungen. Es werden u.a. nicht nur stetig neue Unterkünfte benötigt, sondern vor allem auch qualifiziertes Personal. Mit der Realisierung des „2. Würzburger Symposiums Migrationsgesellschaft - Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ lud die Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS) über 800 Teilnehmer ein.
FHWS-Präsident Professor Dr. Robert Grebner sprach in seiner Begrüßung von der Suche der Menschen nach Glück: „Glück stellt sich ein, wenn man zufrieden ist. Zufrieden ist man nicht, wenn man im Kampf ist. Um dem zu entgehen, weicht man. Weichen ist Migration und Migration ist so alt wie die Menschen selbst. Die Anzahl der Menschen ist in den letz-ten hundert Generationen so stark gewachsen, dass wir heute viele Ressourcen teilen müssen: Energie, Nahrung, Raum. Teilen ist unser Auftrag. Die Hochschule hat einen Bildungsauftrag: Lehre und Forschung. Damit befähigt sie Menschen, komplexe Sachverhalte später in der Praxis zu lösen.“
Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt rief zu einer Kultur des Willkommens auf – die „Festung Europa“ sei in Stücken gefallen, und alle seien nun dazu aufgerufen, darauf zu achten, dass die Stimmung nicht kippe. Der Dekan Professor Dr. Ralf Roßkopf möchte den Aspekt der Sozialen Arbeit in der Migrationsgesellschaft gerade auch bei den Studierenden vertiefen und intensivieren, um diese auf das vielschichtige Arbeitsfeld optimal vorzubereiten.
Die Hochschule reagiert auf diese dringenden Anfragen aus der Praxis und ermöglicht die Vernetzung von 230 verantwortlichen Praktikern und 565 Studierenden. Zwölf Fachvorträge der Tagung behandelten die Aspekte „Verantwortung der Bundesrepublik für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge“, „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Bayern“, „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Unterfranken“, „Schule und Beruf“ sowie „Betreuung und Integration“ und schlossen mit einer Podiumsdiskussion.
Der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis, der durch die Tagung ermöglicht wird, verdeutlicht den Anwendungs- und Praxisbezug der FHWS. Basierend auf dieser Ausrichtung richtete die Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften den FHWS Campus Community Dialogue (FHWS – CCD) ein, der eine Strategie zur institutionalisierten Vernetzung und zum vor allem regional ausgerichteten Austausch von Wissenschaft und Lehre sowie Praxis und Gemeinwesen darstellt. Das „2. Würzburger Symposium Migrationsgesellschaft“ stellte die erste Veranstaltung dar, die im Rahmen des FHWS-CCD stattfand.
Die Hochschule ist auf diese Herausforderungen bestens vorbereitet. Aktuell können die Studierenden der Angewandten Sozialwissenschaften zwei Vertiefungsbereiche wählen, in welchen migrationsspezifische Kompetenzen vermittelt wer-den – die „Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft“ sowie die „Kinder-, Jugend- und Familienhilfe“. Darüber hinaus sind Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für die Praxis über den Campus Weiterbildung denkbar, ebenso wie die Optionen, „Interkulturelle Soziale Arbeit mit Migranten und Flüchtlingen“ als einen Zug im bestehenden Bachelorstudiengang zu integrieren sowie einen Masterstudiengang „Interkulturelle Soziale Arbeit mit Migranten und Flüchtlingen“ zu schaffen. Diese Bestrebungen stellen zugleich einen weiteren Beitrag zur Inter-nationalisierung der Hochschule dar.
Die Zeit drängt: Allein in Bayern kommen in diesem Jahr über 3.700 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge an, aktuell knapp fünfzig in Würzburg – eine Versechsfachung innerhalb eines Jahres. Sogenannte Clearingstellen sollen als Erstaufnahmestellen helfen, die jungen Menschen innerhalb von rund drei Monaten möglichst optimal unterzubringen und sie zu betreuen. Im Anschluss werden die Jugendlichen in einer Einrichtung der Jugendhilfe – einem Jugendheim oder einer ambulant betreuten Wohngruppe – leben, eine Schule sowie Sprachkurse besuchen, eine Ausbildung beginnen oder fortsetzen.
Der afghanische, 15-jährige Flüchtling Imran Mohamadi, der seit einem Monat in Würzburg wohnt und dabei ist, Deutsch zu lernen, begrüßte die Teilnehmer der Tagung in englischer wie deutscher Sprache. Sein Wunsch ist es, Arzt zu werden: „Nothing is impossible!“. Er musste aus seinem Heimatland fliehen, da er in einer Küche der U.S.-Army gearbeitet hatte und daher nicht mehr sicher war in Afghanistan. Nach einer fünfmonatigen Flucht und ohne Kontakt zu seinen Eltern befindet er sich nun im Clearingverfahren und hofft, in Würzburg bleiben zu können, einem Ort, an dem es ihm gut gefällt und an dem er viele Studierende vorfindet.


