Heimat für Hightech: Innovation Day Mainfranken
Wie lassen sich Hacker-Angriffe auf die Informationstechnologie (IT) von Unternehmen, Verwaltungen und Hochschulen vermeiden? Zu diesem Thema haben die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS), die Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), die IHK Würzburg-Schweinfurt sowie die Region Mainfranken GmbH den diesjährigen Innovation Day am Campus Sanderheinrichsleitenweg organisiert.
Moderator Johannes Keppner begrüßte die Teilnehmenden, die sich unter anderem aus mainfränkischen Mittelstandsunternehmen sowie Start-ups zusammensetzten, und informierte darüber, dass in Deutschland alle vier Minuten ein Cyber-Angriff an die zuständigen Behörden gemeldet werde – dabei sei die Dunkelziffer von tatsächlichen Angriffen noch höher. In diesem Zusammenhang betonte der Bayerische Staatsminister für Digitales, Dr. Fabian Mehring, via Videobotschaft die Wichtigkeit der Zukunftstechnologie für „Mainfranken als Innovations-Leader“. Der Mittelstand, so Dr. Mehring, sei das Fundament der bayerischen Wirtschaft. Im digitalen Raum gebe es große Gefahren, weshalb der Innovation Day als Kooperationsveranstaltung die zentrale Plattform für wissenschaftlichen Austausch zum Fokusthema Cyber Security sei. Auch Caroline Trips, Präsidentin der IHK Würzburg-Schweinfurt, sieht in der Veranstaltung einen Mehrwert dadurch, Menschen miteinander zu vernetzen, und hob hervor, dass Hochschulen wie die THWS und die JMU junge Menschen ausbildeten, die später die Wirtschaft Mainfrankens stärkten. Kleine und mittelständische Unternehmen seien besonders durch Angriffe aus dem Internet gefährdet.
„Die Technologietransferzentren (TTZ) der THWS sind zum Beispiel eine hervorragende Möglichkeit für den Mittelstand, sich zu informieren und unterstützen zu lassen.“ Hierbei ist das TTZ-WUE in Ochsenfurt Anlaufstelle für Institutionen und Unternehmen der Region Mainfranken Ansprechpartner bei allen Fragen rund um die IT-Sicherheit. „Unser Industriezeitalter wandelt sich. Unsere Aufgabe ist es, auf diesen Wandel einzugehen“, so Caroline Trips. Bettina Gardenne, Geschäftsführerin der Region Mainfranken GmbH, ergänzte: „Es ist von großer Bedeutung, in den Austausch zu gehen und voneinander zu lernen.“
Ähnlich sieht das THWS-Hochschulpräsident Prof. Dr. Jean Meyer. Es sei wichtig, in Maßnahmen gegen Cyber-Angriffen zu investieren und sich der Mannigfaltigkeit der Risiken bewusst zu werden, die das Internet berge. So bestehe neben schwachen Passwörtern zum Beispiel die Gefahr, Phishing-Mails nicht als solche zu erkennen und dadurch Opfer von Cyberkriminalität zu werden.
Ein Beispiel von Cyber-Kriminalität aus der Praxis lieferte Dr. Lukas Kagerbauer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt, indem er auf einen professionellen Cyberangriff auf eine IHK-Niederlassung vor rund drei Jahren verwies. Die 79 eigenständigen IHK-Häuser in Deutschland hatten damals noch unterschiedliche IT-Sicherheitsstandards. „Stellen Sie sich eine Burg mit 79 einzelnen Toren vor. Wenn ein Tor defekt ist, funktioniert das ganze System nicht.“ So hätte letztlich die ganze IHK betroffen sein können, wenn nicht rechtzeitig gehandelt worden wäre. Für die Teilnehmenden der Veranstaltung betonte Dr. Kagerbauer zwei wichtige Erkenntnisse: Zum einen müsse man hohe Standards setzen, die innerhalb einer Organisation für alle gelten, zum anderen seien alle IT-Nutzenden einer Institution aktiv mitzunehmen, zum Beispiel mit Schulungen zur IT-Sicherheit.
In ihrem Vortrag „Cyber Security @ THWS“ bot Prof. Dr. Kristin Weber, Vizepräsidentin für Digitalisierung der THWS, einen Überblick über die Lehre, Forschung und Weiterbildung zu Cyber Security mit dem Schwerpunkt „Faktor Mensch“ an der THWS. Mitarbeitende in Behörden und Unternehmen bieten häufig eine Angriffsfläche für Cyberkriminelle. Häufig gehen sie noch zu sorglos mit sensiblen Daten und vertraulichen Dokumenten um. In ihrem Forschungsthema „Faktor Mensch in der Informationssicherheit“ definierte Prof. Dr. Weber, wie der Mensch zu einer wichtigen Stütze der Informationssicherheit werden kann. „Egal, wie sensibilisiert und wachsam jemand ist: Nicht immer sind Cyberangriffe als solche erkennbar. Es ist wichtig zu lernen, damit umzugehen. Das Thema Cyber Security muss ganzheitlich gedacht werden.“
Cyber-Kriminalität überall in Deutschland
Aleksander Paravac vom Rechenzentrum der JMU erklärte in seinem Bericht „State of the cyber“, was Cyber Crime bedeutet, wie Cyber-Resilienz geschaffen werden könne und was Cyberspace sei. Überall in Deutschland werde „gecybert“. Er veranschaulichte die „Cyber-Sicherheits-Architektur“, von der NATO über den Bund bis zu Ländern und Kommunen. „Es ist wichtig zu wissen, wo die Schnittstellen liegen“, so Aleksander Paravac. In Anwendungsbeispielen zeigte er, wie einfach es ist, scheinbar sichere Homepages zu hacken und Daten zu stehlen. Er verwies auf die Cyber-Abwehr Bayern, eine 2020 gegründete Kooperation verschiedener bayerischer Behörden, die mit Cyber-Sicherheitsaufgaben bertraut sind.
Zu Cyber-Sicherheit und dem technischen Datenschutz in Bayern erklärte Dr. Andreas Sachs, Vizepräsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht in Ansbach, wo die Verantwortung für Cyber-Sicherheit liege. „Die Institutionen selbst müssen sich um ihre IT-Sicherheit kümmern“, so Dr. Sachs. Dazu gehörten nach Art. 32 der Datenschutzgrundverordnung für Cybersicherheitsfragen alle Einrichtungen, die personenbezogene Daten verarbeiten. „Bei jedem Cyber-Angriff muss die zuständige Behörde informiert werden. Uns erreichen diesbezüglich tausende Meldungen jedes Jahr – von Großkonzernen über den Mittelstand bis hin zu Arztpraxen.“
Am Marktplatz mit Infoständen waren folgende Aussteller zum Fokusthema Cyber Security: Bayern Innovativ, Gründen in Mainfranken, Transferstelle Cybersicherheit im Mittelstand, Conducttr Germany, mainsec, THWS-Campus Angewandte Forschung, THWS-Campus Weiterbildung, Servicezentrum Forschungs- und Technologietransfer der JMU, IT-Verband Mainfranken, TTZ-WUE, RAUSCH SE, transform.RMF, LIBREO, Rockenstein.
Das Team des Technologietransferzentrums der THWS in Ochsenfurt (TTZ-WUE) war für Fragen und Gespräche vor Ort. Das TTZ-WUE versteht sich als praxisnaher Partner für Cyber-Sicherheit in der Region und entwickelt zusammen mit Stifterunternehmen und Organisationen anwendungsorientierte Lösungen. In einem Tandemvortrag mit Prof. Dr. Alexander Schinner, BDO Cyber Security GmbH, gab Prof. Dr.-Ing. Sebastian Biedermann, Leiter des TTZ-WUE, zum Thema „Cyber Security zwischen Forschung und Praxis – Innovationen mit Wirkung“ Einblicke in Projekte und Kooperationsmöglichkeiten des TTZ-WUE. „Die digitale Welt ist ständig in Bewegung – und mit ihr die Bedrohungen durch Cyberangriffe. Jede Sekunde finden weltweit Hackerangriffe, Phishing-Versuche und DDoS-Attacken statt, die Unternehmen und Privatpersonen gefährden“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Biedermann. „Unsere Live-Bedrohungskarte zeigt durchgeführte Scans und Angriffe in Echtzeit und Informationen über die Quellen.“
Susann Bartels, Gründerin des Start-ups „The Strongest Link“, gab in ihrem Beitrag „Security Awareness – Sicherheitsfaktor Mensch“ neun niederschwellige Handlungsweisen mit auf den Weg, die Institutionen mit wenig Aufwand umsetzen können, um ihren Mitarbeitenden das nötige Bewusstsein zu geben und die Cyber Security dadurch gesamtheitlich zu stärken.
Einblicke in die Praxis gab Oliver Madinger, geschäftsführender Gesellschafter der Madinger Firmengruppe, via Videobotschaft mit dem Thema „Cyber-Sicherheit ist gelebte Unternehmenskultur“. Er teilte eine Erfahrung mit Cyber-Angriffen aus dem Jahr 2018 in Form von Trojanern im E-Mail-Anhang. Daran anknüpfend trug Christan Payr, Geschäftsführer von Netlands edv consulting GmbH, die in diesem Fall erfolgten Maßnahmen vor. Seine Firma hatte damals die Madinger Firmengruppe bei der Beseitigung und Wiederherstellung der Software unterstützt.
Bei „Cyber Security im Gesundheitswesen – Lernen aus dem Ernstfall“ berichtete Ingo Jung, IT-Sicherheitsbeauftragter des Universitätsklinikums Frankfurt / Main, davon, wie Unbefugte Administrationsrechte im IT-System erhalten hatten. Ein Mitarbeiter der IT habe bei Routinekontrollen nicht-autorisierte Änderungen bemerkt, deshalb sei am nächsten Tag ein Krisenstab einberufen und entschieden worden, eine Spezialfirma für IT-Forensik hinzuzuziehen. Als Fazit betont Ingo Jung, dass Prävention entscheidend sei. Hierunter fallen auch interne und externe Kommunikationsstrategien für Notfälle. Ebenso wichtig seien Austausch und Zusammenarbeit: Nur wenn Erfahrungen geteilt und voneinander gelernt wurde, könne Cybersicherheit langfristig gestärkt werden.
Hintergrundinformationen zum Thema Cybersicherheit
Der Innovation Day Mainfranken findet jährlich abwechselnd in Würzburg und Schweinfurt statt und ist zu einer etablierten Kooperationsveranstaltung in Mainfranken geworden. Das Fokusthema dieses Jahr war „Cyber Security“ und befasst sich mit IT-Sicherheit in Bezug auf den Schutz von Computersystemen, Netzwerken und Daten vor dem Zugriff Unbefugter, vor Beschädigung oder Diebstahl.
Der THWS-Zertifikatslehrgang Cyber Security befähigt in drei Modulen und neun Monaten zum „Information Security Officer“ und startet erneut im Februar 2026. In diesem Lehrgang wird vermittelt, wie professionelle Hackerinnen und Hacker angreifen und wie man IT-Systeme dagegen schützt. Daneben bietet die THWS das Bachelorstudium „Cyber Security“ an. Dieses Studium kombiniert die Felder Technik und Management. Diese generalistische Ausbildung deckt ein breites Spektrum für spätere Berufsbilder ab.
Zum Technologietransferzentrum für Cyber Sicherheit TTZ-WUE
Informationen zum THWS-Bachelorstudiengang Informationssicherheit
Mehr zum THWS-Zertifikatslehrlang Cyber Security
Über die THWS
Die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) zählt zu den größten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayern und steht seit ihrer Gründung im Jahr 1971 für hervorragende Lehre und angewandte Forschung. Mit rund 9.100 Studierenden, einem breit gefächerten Angebot von mehr als 60 Studiengängen sowie zwei Promotionszentren deckt die THWS ein weites Spektrum ab, das von Technik über Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Sprache bis hin zu Gestaltung reicht. Die THWS ist nicht nur regional in Franken und Bayern verwurzelt, sondern auch stark international ausgerichtet, was sich in zahlreichen Kooperationen und Austauschprogrammen weltweit und nicht zuletzt in einem vielseitigen englischsprachigen Studienangebot widerspiegelt.
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