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‚Arm dran in Würzburg“: Masterstudierende der FHWS befassten sich mit dem Umgang mit Armut

18.02.2020 | thws.de, Pressemeldung, FAS
In Kooperation mit der „Kirchlichen Allgemeinen Sozialen Arbeit“ entstand ein gemeinsames Forschungsprojekt

Laut Statistischem Bundesamt sind ca. 16 Prozent der Bevölkerung Deutschlands arm und damit von sozialer Ausgrenzung bedroht. Was bedeutet es, arm zu sein? Was macht das Stigma Armut mit den Menschen? Armut bedeute Mangel, so Professor Dr. Dieter Kulke von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt. Nicht allein an Geld, sondern auch an Gesundheit, Bildung und sozialen Kontakten. Zudem werde Armut übersehen, übergangen, geleugnet oder bestenfalls gelindert. Von Behörden und Ämtern fühlten sich Betroffene oft gemaßregelt und bevormundet, sie müssten sich gegen Vorurteile wehren. Dabei sei schon die alltägliche Bewältigung von Armut Herausforderung genug: Wie kann ich finanziell über die Runden kommen? Was gibt es bei der „Tafel“? Wie weit ich kann meine Zimmertemperatur herunterfahren, um Heizkosten zu sparen, ohne krank zu werden? Wann kann ich wieder Blut spenden, um an etwas zusätzliches Geld zu kommen? Wie kann ich die Medikamente bezahlen, die nicht oder nur teilweise von der Krankenkasse übernommen werden? Sich solchen Fragen zu stellen, gehe an die Substanz.

Um diesem Thema nachzugehen und einen Überblick über das Erleben und den Umgang mit Armut zu erhalten, haben die Kirchliche Allgemeine Soziale Arbeit (KASA) des Diakonischen Werkes Würzburg und Professor Dr. Kulke mit Studierenden der Lehrveranstaltung „Qualitatives Forschungsprojekt“ im Masterstudiengang Soziale Arbeit ein Projekt zur Armut in Würzburg durchgeführt. Die Mitarbeiter von KASA, Andrea Dehler, Cathrin Holland, Gudrun Strehl und Hubert Wittig unter der Leitung des stellvertretenden Geschäftsführers Andreas Schrappe, beteiligten sich an der Forschung, standen für Expertengespräche zur Verfügung und stellten den Zugang zu den Interviewpartnern her.

Die Studierenden führten Interviews mit Menschen, die von Armut betroffen sind. Anschließend werteten sie diese mit verschiedenen Verfahren der qualitativen Datenanalyse aus. Sie befragten Arbeitslose, Alleinerziehende und Senioren im Würzburger Arbeitslosentreff, im Alleinerziehendentreff und in der Beratungsstelle der KASA. Sie sprachen mit Besucherinnen der Würzburger „Tafel“, mit Menschen, die Leergut-Flaschen sammeln, mit Personen nach einem sozialen Abstieg oder mit Studierenden, die arm sind. Ziel des Projektes war es, das Phänomen Armut aus verschiedenen Winkeln zu betrachten sowie den Umgang und die Bewältigungsstrategien der Menschen nachzuvollziehen.

Abschließend wurden die Ergebnisse den Mitarbeiterinnen von KASA vorgestellt und diskutiert. Es könne bestätigt werden, dass sich arme Menschen von Behörden und Ämtern gegängelt und diskriminiert fühlen. Es falle ihnen schwer, ohne die ausreichende finanzielle Ausstattung am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Es sei beeindruckend, so die Studierenden, wie z.B. Menschen, die Pfandflaschen sammeln, über ihre Tätigkeit eine fast schon professionelle Identität entwickelten. Viele der Befunde bestätigten die KASA-Mitarbeiterinnen auf Basis einer langjährigen Berufserfahrung. Teilweise ergaben sich auch neue Einsichten, mit denen in der Praxis weitergearbeitet werden könne. Insofern stelle, so Professor Dr. Kulke, dieses Projekt einen gelungenen Transfer von der Hochschule und ihrer Forschung in die Praxis dar.

Um das Thema weiter in die Öffentlichkeit zu bringen, veranstalten das Diakonische Werk und die Fakultät der FHWS gemeinsam mit dem "Campus Community Dialogue" den Fachtag ‚Arm daran in Würzburg‘ am Freitag, 3. April 2020. Vormittags stehen zwei Vorträge von Professor Dr. Franz Segbers („Die Umprogrammierung des Gerechtigkeitsbegriffs“) und Professor Dr. Benjamin Benz („Armut und Soziale Arbeit - ‚Hilfe unter Protest‘?“) auf dem Programm. Danach schließen sich Workshops an, in denen Mitarbeiterinnen von KASA, der Stadt Würzburg, des Diözesan-Caritasverbandes Würzburg und Studierende „typische“ Armutslagen thematisieren und Aufgaben der sozialen Arbeit und der Politik zur Begegnung von Armut diskutiert werden.

Weitere Informationen zum Fachtag "Arm dran in Würzburg"