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Rückblick: 1. Würzburger Wochen der Inklusion erreichten große Resonanz und wurden gut besucht

08.03.2019 | thws.de, Pressemeldung, FAS
„Ich will so sein, wie ich bin!“: Der Autist, Autor und Informationswissenschaftler Aleksander Knauerhase las vor und diskutierte

„Ich will so sein, wie ich bin!“ - Mit dieser klaren Aussage erntete Aleksander Knauerhase spontanen Applaus beim Publikum. Knauerhase hat das Asperger-Syndrom: Er versteht sich als Botschafter und Aufklärer in Sachen Autismus und war im Rahmen der 1. Würzburger Inklusionswochen zu Gast an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Zu der Lesung und dem Publikumsgespräch hatte die Lebenshilfe Würzburg und die FHWS eingeladen. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Lebenshilfe im Rahmen des Inklusionsprojektes der Lebenshilfe (Lebenshilfe Würzburg Inklusionsprojekt).

Die Veranstaltung fand statt in der Hochschule. Die 1. Würzburger Inklusionswochen sind eine Veranstaltungsreihe, die der Arbeitskreis Inklusion des Campus Community Dialogues zusammen mit Organisationen der Behindertenhilfe und der Stadtgesellschaft durchführte (1. Würzburger Wochen der Inklusion). In der Begrüßung betonte David Krug von der Lebenshilfe Würzburg die Wichtigkeit von Aufklärung über Autismus gerade durch Referenten mit eigenen Erfahrungen. Dies sei ganz wichtig, um eine hohe Glaubwürdigkeit zu erreichen und differenziert auf einzelne, spezielle Aspekte eingehen zu können. Professor Dr. Dieter Kulke von der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften hob die optimale Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe hervor, die sich auch in dieser gemeinsamen Veranstaltung zeige. Für die Fakultät sei es immer ein Gewinn, wenn interessierte Bürger und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen an die Hochschule kämen.

„Ich will so sein, wie ich bin!“ - Dies ist auch Ergebnis der langjährigen Erfahrung und Auseinandersetzung von Aleksander Knauerhase mit seiner Erkrankung. Und diese stelle tatsächlich eine gewisse Beeinträchtigung im Alltag dar. Anschaulich schilderte Knauerhase, wie sich bei ihm der Autismus auswirkt, vor allem als eine ständige und manchmal überwältigende Überflutung mit Reizen. Die Fahrt in einem vollbesetzten Zug oder der Besuch eines Theaters könnten wegen der verschiedenen und vielfältigen, mehr oder weniger aufdringlichen und unangenehmen Reize zur Anstrengung werden. Die manchmal von Autisten gezeigten, unerwarteten Verhaltensweisen wie Verweigerung und Rückzug seien die Folge solcher Überforderung und keineswegs Ausdruck eines fehlenden Willens oder von sozialer Ablehnung. Dementsprechend sei es für den Umgang mit autistischen Menschen in solchen Situationen am hilfreichsten, sie in Ruhe zu lassen und auf keinen Fall versuchen zu wollen, sie zu etwas zu zwingen. Die bei autistischen Kindern früher praktizierte, inzwischen überwundene Festhalte-Therapie, bei der Kinder gegen ihren Willen zu engem körperlichen Kontakt gezwungen wurden, habe sich als falsch und kontraproduktiv herausgestellt.

Zentral ist in der Schilderung von Aleksander Knauerhase das seit der Kindheit erlebte Gefühl des Andersseins und des Nicht-Dazugehörens. Diese Gefühle wurden durch Erfahrungen in zwei Vereinen bestätigt. Der Referent schilderte, wie wenig ein Tischtennisverein und ein Schachverein, bei denen er mitmachen wollte, in der Lage waren, auf seine individuellen Bedürfnisse einzugehen, sondern ihn durch eine etwas abgehobene Fachsprache oder eine wenig ausgeprägte Willkommenskultur ausgrenzten - das beträfe Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gleichermaßen.

Sehr geholfen habe ihm seine Familie, insbesondere seine Mutter, die – selbst im sozialen Bereich tätig – ihn als Kind, so wie er war, voll akzeptiert und geliebt und keinen wie auch immer gearteten pädagogisch-therapeutischen Ehrgeiz entwickelt habe, sehr zum Vorteil seiner persönlichen Entwicklung und ihrer gegenseitigen Beziehung. Wie wichtig es sei, Kinder zu akzeptieren und sie einfach zu lassen, wurde in der Diskussion durch verschiedene Beiträge bestätigt. Die Diagnose Asperger-Syndrom erhielt Knauerhase mit Mitte Dreißig. Die Diagnose erlebte er als Bestätigung und Befreiung. Ab diesem Zeitpunkt sei für ihn klar gewesen, dass dieses Gefühl des Andersseins tatsächlich einen medizinischen Hintergrund hatte. Andererseits resümiert er auch: „Hätte ich diese Diagnose schon als Kind bekommen, würde ich jetzt wahrscheinlich in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten.“ Aleksander Knauerhase hat einen Studienabschluss in Informationswissenschaften erzielt und einen anderen Weg selbstbestimmt eingeschlagen – als Autor und Botschafter in Sachen Autismus.

Rückblickend, so Professor Kulke, sei dieser Vortrag wie die gesamte 1. Würzburger Inklusionswochen ein großer Erfolg: „Alleine schon die relativ große Resonanz, die die Veranstaltungen und damit die Themen Inklusion und Behinderung in der Presse fanden, zeugt von der großen Wichtigkeit und dem starken Interesse an den Themen.“ Die Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften hatte sich intensiv engagiert und fünf Veranstaltungen in den Räumen der Fakultät angeboten.