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Europäische Zentralbank: Wirtschaftswissenschaftler fordert werteorientierte Politik der EZB ein

05.05.2023 | thws.de, Pressemeldung, FWiWi
Die Weltethosforschungsgruppe Finanzen und Wirtschaft möchte mit ihrem Aufruf zur politischen Positionsbestimmung anregen

Geld regiert die Welt: Das Political Banking, das politische Bankwesen für Europa, wird in Frankfurt und Brüssel realisiert – in der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie in den Gremien der Europäischen Union, die die Rahmenbedingungen für die Zentralbank festlegen und neben den Gerichten kontrollieren. Das erläutert Wirtschaftsethiker Dr. Harald Bolsinger, Professor an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt, hat bereits 2017 untersucht, inwiefern die EZB im Kerngeschäft europäische Werte – zusammengestellt in der Grundrechtecharta der Europäischen Union – berücksichtigt. Zwei wesentliche Aspekte haben sich seitdem verändert, so Bolsinger: Die EZB berücksichtige nun endlich Klimarisiken in ihrer Geschäftspolitik; zum anderen seien alle relevanten Gremien der EU darüber im Bilde, dass die EZB Geschäfte mit Wertpapieren akzeptiere, die mit zahlreichen ethischen Kontroversen in Verbindung stünden.

Inwiefern die Tätigkeiten der EZB sich nicht mit der EU-Grundrechtscharta als Mindeststandard vertragen, darüber hat die Forschungsgruppe nun eine englischsprachige Publikation veröffentlicht. Die Herausgeber berichten darin u. a. über den Umgang verschiedener EU-Gremien und der EZB selbst mit dem Thema im Rahmen einer Petition an das Europäische Parlament. Die Forschungsgruppe möchte zu einer politischen Positionsneubestimmung anregen und legt dafür konkrete Vorschläge vor. Alle zentralen Beschlussfassungsorgane der EU sowie Top-Vertreterinnen und -vertreter der EU-Parlaments-Gruppierungen wurden dafür angeschrieben - das Europäische Parlament, der Europäische Rat, die Europäische Kommission und die Fraktionsspitzen im EU-Parlament.

Auszüge aus dem Schreiben „Europäische Grundrechte im Eurosystem“ der Forschungsgruppe an die Top-Vertreterinnen und -vertreter der EU-Gremien – unterzeichnet von Prof. Dr. Johannes Hoffmann (Gründungsvorstand, Vorsitzender), Prof. Dr Harald J. Bolsinger (Beirat, Regulierungspolitik) und Dr. Bernd Villhauer (Vorstand, Direktor Forschung) – zeigen die Problematik auf:

„Wir machen seit 2017 auf die unrechtmäßige Vernachlässigung der EU-Grundrechtecharta im Eurosystem aufmerksam. Wir bitten Sie aufrichtig, mit Ihrem politischen Gewicht diesbezüglich tätig zu werden und im Eurosystem die Förderung von grundrechtsverletzendem Handeln baldmöglichst abzustellen. Wir sind uns sicher, dass Ihnen die Tragweite bewusst ist, wenn mit einem Finanzvolumen von derzeit 17 Billionen Euro die Grundrechte der Europäischen Union systematisch untergraben werden können.

Seit sechs Jahren ist dazu eine Petition im Europäischen Parlament offen und ungelöst. Erfahrungen mit dem bisherigen Umgang der einfachen und legitimen Bitte, Grundrechte auch im Handeln der Europäischen Zentralbank konsequent zur Anwendung zu bringen, haben wir in unserer Forschung thematisiert. […]

Die konsequente Anwendung der Grundrechtecharta im europäischen Finanzsystem ist eine Grundvoraussetzung für die Nachhaltigkeitsstrategie der Europäischen Union. Sie spiegelt nicht nur die Glaubwürdigkeit Ihres persönlich geleisteten Amtseides wider, sondern auch die Glaubwürdigkeit aller Europäischen Institutionen.“

Kontakt: Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Fakultät Wirtschaftswissenschaften

Prof. Dr. Harald Bolsinger

Tiepolostr. 6

97070 Würzburg

harald.bolsinger[at]thws.de

0931-3511-8944