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Lebbare Zukunft: Die Soziale Arbeit an der FHWS befasst sich mit der Klimagerechtigkeit

08.09.2021 | thws.de, Pressemeldung, FAS
Studierende erarbeiteten in Kooperation mit lokalen Nachhaltigkeitsinitiativen mögliche Handlungsmaxime

Starkregen mit Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und in Belgien, verheerende Waldbrände in Südeuropa: Auch, wenn diese Wetterereignisse mit vielen Hunderten von Opfern extrem gegensätzlich sind, so sind sie doch nach einhelliger Meinung auf den Klimawandel zurückzuführen. Dieser fordert einen immer größeren Tribut, und immer stärker werden auch die sozialen Folgen und Verwerfungen durch den Klimawandel deutlich. Nicht nur in anderen Teilen der Welt, sondern auch in Deutschland. Dass unter den Todesopfern der Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz auch zwölf Bewohnerinnen und Bewohner eines Wohnheims für behinderte Menschen waren, die sich nicht vor den Fluten in Sicherheit bringen konnten, belegt die besondere Verwundbarkeit von Klientinnen und Klienten der Sozialen Arbeit durch die Folgen des Klimawandels. Es ist also dringend Zeit, so Prof. Dr. Vathsala Aithal und Prof. Dr. Dieter Kulke, dass sich auch die Soziale Arbeit mit dem Klimawandel und seinen Folgen auseinandersetzt. Das Konzept der Klimagerechtigkeit stellt dabei den Klimawandel und seine Folgen in einen globalen Zusammenhang und thematisiert die sich daraus ergebenden Ungerechtigkeiten. Zentrale Erkenntnis ist dabei, dass viele Länder, die stärker unter dem Klimawandel leiden, relativ wenig selbst zum Klimawandel beitragen.

Diese Problematik nahmen Aithal und Kulke von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt zum Anlass, um im Studiengang „International Social Work with Refugees and Migrants“ eine Lehrveranstaltung zu diesem Themenfeld mit dem Titel ‚Liveable Futures – Sustainability in Würzburg‘ (Lebbare Zukünfte - Nachhaltigkeit in Würzburg) anzubieten. Dabei wurde der Fokus auf die lokale Ebene in Würzburg gerichtet. In dem Seminar sollten die Studierenden mit qualitativen Forschungsmethoden die Arbeit von Nachhaltigkeitsinitiativen in Würzburg, ihre Entwicklung und ihre Wirkung erforschen, diese in einen lokalpolitischen Kontext einordnen und dabei Bezüge zur Sozialen Arbeit herausarbeiten. Hierfür wurden Interviews mit den Verantwortlichen von Initiativen und Organisationen wie der Solidarischen Landwirtschaft Würzburg (VEG), dem Unverpackt-Laden, der Würzburger Umwelt- und Naturstiftung und weiteren geführt. Ergebnisse aus diesen Interviews konnten in einer Fragerunde nach einem Vortrag des Klimabürgermeisters der Stadt Würzburg, Martin Heilig, diskutiert und in die kommunalpolitischen Zusammenhänge eingeordnet werden. Ein weiterer Baustein in dem Seminar war der Besuch der Umweltstation der Stadt Würzburg, die umfangreiche Maßnahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung durchführt und auch die Koordination von Aktivitäten der Lokalen Agenda 21 übernommen hat.

Folgende Elemente hatte das Seminar:

1. Experteninterview in 2er- oder 3er-Gruppen der Studierenden mit Nachhaltigkeitsinitiativen in Würzburg (Angestöpselt e.V., Foodsharing.de, Solidarische Landwirtschaft/VEG, Unverpackt-Laden, Veganes Würzburg e.V., Würzburger Umwelt- und Naturstiftung), v.a. zu den Punkten: Organisatorisches, Geschichte, politische Vernetzung, biographischer Anknüpfungspunkt an die Soziale Arbeit)

2. Expertinnen- und Expertengespräch und Diskussion mit dem Klimabürgermeister Stadt Würzburg, Martin Heilig

3. Besuch und Expertinnen- und Expertengespräch mit einer Vertreterin der Umweltstation der Stadt Würzburg (v.a. Bildungsangebote, aber auch strategische Vernetzung)

4. Selbst-Verpflichtung der Studierenden, Dozentinnen und Dozenten auf eine nachhaltige Lebensweise mit einem konkreten Handlungsvorsatz mindestens über die Dauer des Seminars

5. Reflexion über die Selbstverpflichtung und das Seminar am Ende der Lehrveranstaltung

Maßnahmen der Selbstverpflichtung und des Handelns

Als Ergebnis wurden die Studierenden für Fragen der Klimagerechtigkeit sensibilisiert und konnten wichtige Erkenntnisse zur Bedeutung lokalen Handelns gewinnen. Auch wurde durch die eingegangene Selbstverpflichtung eine konkrete nachhaltige Maßnahme ins Alltagshandeln umgesetzt, dies war z.B. der Verzicht auf Milchprodukte oder Fleisch oder der Verzicht auf Produkte mit Palmöl. Dies wurde, so Aithal und Kulke, von allen Studierenden in den Selbstreflexionen als sehr erkenntnisreich empfunden.

Ziele und Ergebnisse des Seminars bestanden allgemein darin, Wissenskompetenzen im Bereich Nachhaltigkeit, Anthropozän (Zeitalter des Einflusses der Menschheit auf die Erde), Klimagerechtigkeit und hinsichtlich Kompetenzen der Sozialen Arbeit in diesen Feldern aufzubauen. Ferner erarbeiteten sich die Studierenden in der Planung, Durchführung und Auswertung der Experteninterviews, teilweise mit narrativen Elementen, forschungsmethodischen Kompetenzen in qualitativer Sozialforschung, v.a. in thematischer Analyse. Zentral waren die Berührungspunkte zwischen der Sozialen Arbeit einerseits und dem Feld Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit auf der lokalen Ebene anderseits. Die Studierenden konnten in den Gesprächen die Ziele und die Kompetenzen der Sozialen Arbeit und ihre Relevanz für Nachhaltigkeit auf lokaler Ebene verdeutlichen. Diese werden in Ansätzen wie der Erlebnispädagogik oder der Bildung für nachhaltige Entwicklung besonders deutlich, ebenso wie Methoden des Empowerments (der Zustand von Selbstverantwortung und Selbstbestimmung) oder Gemeinwesenarbeit und Sozialraumorientierung lassen sich unmittelbar mit Nachhaltigkeitszielen und -initiativen verbinden.

Das Thema ist, so Aithal und Kulke abschließend, für die Soziale Arbeit so wichtig, dass der Austausch zwischen der Sozialen Arbeit und den Institutionen für Nachhaltigkeit in Würzburg fortgesetzt und vertieft werden soll.